Als im Mai im Londoner Stadtteil Woolwich ein britischer Soldat ermordet wurde, hatte ich Redaktionsdienst. Bald nach den ersten Meldungen kursierte ein Video im Netz, auf dem ein Mann die Tat rechtfertigte, ein Messer in der blutigen Hand. Ich schaute mir den Film mehrmals an, schrieb auch in unserem Artikel darüber, zitierte die Äußerungen mit aller Vorsicht. Aber ich verzichtete darauf, den Clip einzubetten. Ich fand, dass wir nicht unbedingt dazu beitragen mussten, dieses verstörende Video weiter verbreiten. Zudem wusste nicht, ob das Video tatsächlich im Zusammenhang mit der fraglichen Tat steht oder vielleicht doch ein Fake ist. Das Verifizieren von Material aus dem Netz ist nicht ganz einfach, aber es wird – gerade für Journalisten – immer wichtiger. Es gibt bewährte Vorgehensweisen und inzwischen auch eine ganze Reihe von Tools, die dabei helfen können. Weiterlesen →
Es geht nicht um den Zaun, sondern darum, wer das Gartentor kontrolliert
Neulich hatte ich Abitreffen, und es war ein sehr schöner, besonderer Abend. Nicht nur, weil ich alte Bekannte nach langer Zeit wiedersah, sondern auch noch aus einem anderen Grund: Ich fand mich aus purem Zufall in Gesprächen mit Leuten wieder, mit denen ich damals, zu Schulzeiten, wenig bis gar nichts zu tun hatte. Und siehe da: Die meisten dieser unerwarteten Gespräche waren interessant und anregend.
Hätte dieses Treffen nicht im Restaurant eines Taunusstädtchens, sondern auf Facebook stattgefunden, so wären diese Unterhaltungen nicht zustande gekommen. Denn die Menschen, mit denen ich lange nichts zu tun hatte, hätten eben auch nicht zufällig neben mir gestanden. Der Hausherr (nennen wir ihn Mark Z.) hätte sie von vorneherein an einen anderen Tisch, in einem anderen Raum oder gleich in einem anderen Gebäude platziert. Was für ein Verlust, oder?
2013: Das Web zurückerobern – die Debatte, die Johnny Haeusler aufgeworfen hat, geht in diese Richtung. Tenor: Lasst uns nicht nur noch hinter den Zäunen der Facebook-Gärten miteinander reden, sondern vermehrt wieder dort, wo alles mal begonnen hat: In Blogs. Weiterlesen →
Tweets von Bord der Titanic
Wer nach einem Titanic-Dauerfeuer, das schon vor (gefühlt) zwei Monaten begann, rechtzeitig zum eigentlichen Jahrestag noch nicht genug hatte, konnte sich das Geschehen vor 100 Jahren auf dem Nordatlantik minutiös via Twitter nacherzählen lassen. Mindestens drei Twitter-Feeds liefern eine Vorstellung davon, wie es gewesen wäre, hätten die unsinkbare Molly Brown und andere auf dem Schiff damals twittern können: @History Channel, @RMS_Titanic_Inc und @TitanicRealTime. Letzterer wurde gefüttert von The History Press, startet bereits zwei Tage vor dem Unglück und gibt mehrere Perspektiven wieder, etwa #crew, d#engineering, #captain, #firstclass, #Carpathia und viele mehr. Eine App gibt es dazu auch.
Der Untergang der Titanic bei Twitter, eingesammelt und eingebettet nach dem Klick. Weiterlesen →
Die Filmbranche tweetet sich durch die Oscar-Nacht
Die Nacht war kurz – oder lang, je nach Sichtweise. Verbracht habe ich sie auf dem Hollywood-Boulevard und in Gesellschaft von Brent Spiner, Alec Baldwin, Richard Dreyfuss, Goldie Hawn (Moniques’ Mutter!), Jane Fonda, Steve Martin, Bette Midler (The Rose!), William Shatner (The Canadian!), Kirstie Alley (Fackeln im Sturm!), Billy Crystal (Ich nehme das, was sie hatte!), Ellen deGeneres (!) und ein paar anderen aus der Filmbranche, die eine Nacht lang nur die Oscars im Kopf hatten – und die so frei waren, Kleider, Moderation, Danksagungen der lieben Kollegen und Preisentscheidungen der Jury eifrig zu kommentieren. Das machten sie freundlicherweise nicht im exklusiven Kreis, sondern via Twitter. Dafür mag ich die Ami-Promis ja wirklich – die wenigsten zeigen Berührungsängste mit Social-Media-Diensten, viele nutzen Twitter ganz selbstverständlich, um etwas unter die Leute zu bringen. Verifizierte Twitter-Accounts von bekannteren deutschen Schauspieler/innen oder Regisseuren kann man hingegen an einer Hand abzählen; Michael Kessler ist hier eine von wenigen Ausnahmen.