Es ist eine der begehrtesten Führungen, die das Bonner Haus der Geschichte im Programm hat, und sie ist noch dazu kostenlos: Begleitete Rundgänge durch den Kanzlerbungalow im Bundesviertel sind oft viele Wochen im Voraus ausgebucht. Spontanbesucher bekommen dennoch eine Chance – wenn sie frühzeitig da sind und viel Geduld mitbringen. DailyMo-Leser*innen bekommen hier einen exklusiven Einblick. Folgen Sie mir!
Bonn
Droste in Bonn (3): Abschiede
Willkommen zum dritten und letzten Teil der kleinen Zeitreise in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, zu Orten in Bonn und Umgebung, die mit Annette von Droste-Hülshoff in Verbindung stehen. Zwischen 1825 und 1846 hält sich die Autorin aus Westfalen immer wieder bei ihren Verwandten am Rhein auf. Sie erlebt eine junge, aufstrebende Universitätsstadt, knüpft eine ganze Reihe interessanter Kontakte in den Salons und schließt Freundschaften fürs Leben.
Zu den wichtigen Begegnungen am Rhein gehört jene mit Sibylle Mertens-Schaaffhausen. Die Archäologin und die Dichterin, beide Jahrgang 1797, haben viele gemeinsame Interessen. Annette von Droste erfährt im Mertensschen Salon literarische Anerkennung, amüsiert sich an ihrer Seite beim Kölner Karneval, steht ihr in Krankheitszeiten bei – und muss schließlich eine große Enttäuschung wegstecken. Weiterlesen →
Droste in Bonn (2): Belastungsproben
Weiter geht es mit der kleinen Expedition auf den Spuren der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff in und um Bonn. Im ersten Teil haben wir einen Zeitsprung ins Jahr 1825 gemacht, als die neue Universität der Stadt am Rhein einen geistig-kulturellen Aufschwung beschert. Zugleich geraten auch die Bonner Hochschullehrer ins Visier des Überwachungsstaates, der Liberale als Demagogen verfolgt.
Annette von Droste erlebt diese Entwicklung in den 20er und 30er Jahren des 19. Jahrhunderts hautnah mit – sie bewegt sich in Kreisen von Professoren und Philosophen, Künstlerinnen und Kunstexpertinnen. Weiterlesen →
Droste in Bonn (1): Reisen in eine andere Welt
Aus dem rückständigen Westfalen in das aufgeschlossene, lebenslustige und politisch bewegte Rheinland: Für die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff müssen sich die Reisen nach Bonn und Köln in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts angefühlt haben, als löse sich das Korsett. Wenn sie denn je eines getragen hat.
Acht Aufenthalte der Münsteranerin allein in Bonn für die Zeit zwischen 1825 und 1846 sind überliefert. Zusammengerechnet verbrachte sie ein gutes Jahr ihres Lebens in dem aufstrebenden Städtchen, das mit seiner noch jungen Universität viele Gelehrte anzog. Bei ihrem ersten Besuch zählte Bonn um die 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner, bei ihrem letzten war die Bevölkerung auf rund 17.000 angewachsen.
Wo hat Annette von Droste-Hülshoff in und um Bonn gewohnt, welche Bekanntschaften und Freundschaften, die ihren Weg als Autorin teilweise entscheidend mitprägten, hat sie in dieser Gegend geschlossen? Ich bin an den Rhein gefahren und dort auf Spurensuche gegangen.
Bonn und ich
Mit Bonn verbindet mich ein Teil meiner Familiengeschichte: Meine Mutter wuchs im Rheinland auf, und die Besuche bei meinen Großeltern und weiteren Verwandten führten uns jahrzehntelang immer wieder hierher zurück.
Die Familie meiner Mutter war in dieser Gegend tief verwurzelt: Bei einem Ausflug in die Ahnenforschung fand ich Vorfahren bis weit ins 18. Jahrhundert zurück, die in den Dörfern rund um Bonn gelebt hatten (einige, wie Kessenich und Friesdorf, sind heute Bonner Stadtteile).
Mein Vater wiederum, der aus dem Ruhrgebiet stammt, studierte in Bonn und lernte dort meine Mutter kennen. Als 85-Jähriger nahm er uns Kinder kürzlich mit auf eine Reise in seine jungen Bonner Jahre, rüttelte an der verrosteten Tür in den Mauern der Stadtbefestigung, in deren Gewölbe als Student hauste, und zeigte uns lächelnd das Universitätsgebäude, jenen Ort, wo meine Mutter sich nach ihm erkundigt hatte, weil sie ihn nach einem ersten Treffen wiedersehen wollte. (Der Kommilitone, den sie damals auf dem Universitätsflur nach ihm fragte, wurde später mein Patenonkel.)
Mein einprägsamstes Bonn-Erlebnis hatte ich Anfang der 80er Jahre, als ich zusammen meiner Mutter und 150.000 anderen Menschen auf einer der großen Friedensdemonstrationen im Bonner Hofgarten war.
Und trotz alledem bin ich mit Bonn nie warm geworden. Es blieb die fremde Stadt, in die wir fuhren, um langweilige Verwandtschaftsbesuche zu machen – oder noch langweiligere Spaziergänge. Ganz dunkel erinnere ich meinen Opa, der die Rheinpromenade entlangmarschierte, plötzlich stehenblieb, wichtig gen Süden schaute, mit seinem Stock Richtung Regierungsviertel zeigte und mit erhabener Stimme etwas von “Hammerschmidt” sagte, von “Schürmann-Bau” und “Langem Eugen”. Mir war das so egal.
Dann, als war die Party vorbei und das Regierungsviertel verlassen war, tat Bonn mir irgendwie leid. Die ehemalige Hauptstadt wirkte auf mich aus der Zeit gefallen, morbide und an manchen Stellen fast ein bisschen apokalyptisch mit ihren verwaisten Gebäudekomplexen, den kaputten Jalousien in den Fenstern, den Hecken, die niemand mehr stutzt, dem Grün, das überall den Beton überwuchert. Während die Uhren im Rest des Landes weiter tickten, gab es in Bonn Ecken, wo die Zeit stehengeblieben schien.
Doch inzwischen hat Bonn bewiesen, dass die Stadt flexibel ist. Bonn kann sich trennen! Oder, wie die Rheinländer sagen: Wat fott es, es fott.
Auch das ist Bonn: Eine Stadt, die üppig wie nur wenige andere in Deutschland mit herausgeputzten Häusern aus der Gründerzeit ausgestattet ist. Vor allem in der Südstadt reiht sich eine Fassade an die andere, auf denen Jahreszahlen aus der Zeit um die Jahrhundertwende prangen.
Aber nicht nur dort, auch in anderen Stadtteilen findet sich noch viel alte Bausubstanz. Zum Beispiel in Kessenich. Hier habe ich mich für ein paar Tage via AirBnB privat einquartiert und mache mit dem Fahrrad Entdeckungsausflüge in Stadt und Umgebung. Ich will Bonn endlich kennenlernen – und bei dieser Gelegenheit, regelmäßige Leserinnen wird es nicht überraschen, auch einige Droste-Orte in und um Bonn aufsuchen. In Kürze mehr dazu!