Terror in London

Und so gelingt es einer kleinen Gruppe von brutalen Mördern, die größten Probleme kurzerhand von der Tagesordnung des G8-Gipfels zu bomben.
Erschütternd dreinblickende Politiker versammeln sich demonstrativ hinter ihrem Gastgeber und dürfen sich insgeheim freuen, nun doch nicht allzu viel über die lästigen Themen Klimaschutz und Armut reden zu müssen – Bedrohungen, die mehr Menschen töten als jeder Terroranschlag es könnte. Blair kündigt kämpferisch die Verteidigung des eigenen Lebensstils an, und die Extremisten haben ihr Ziel erreicht. Denn an weniger Armut in der Welt haben auch gerade sie kein Interesse.

7 Kommentare

  1. Ich weiß nicht, Mo, ob das nicht etwas arg zynisch ist … ich glaube ehrlich gesagt nicht, daß sich diese Politiker “insgeheim freuen, nun doch nicht alzu viel über die lästigen Themen Klimaschutz und Armut reden zu müssen”.

  2. Wirklich zynisch ist, dass der Kampf gegen den Terror von beiden Seiten stets aufs Neue an die erste Stelle der Probleme gerückt wird. Zynisch ist, wenn die G8-Staatenchefs bereits vor dem Gipfel ankündigen, dass man bittesehr nicht zu viel von diesem Treffen erwarten dürfe. Zynisch ist, dass Millionen bei den Live8-Konzerten diese Staatschefs weniger beeindrucken als Bomben. Ach, mein bisschen Zynismus sollte dich da nicht weiter beunruhigen.
    PS: Dass sie sich insgeheim freuen, steht da übrigens nicht.

  3. stimmt, Du hast nur geschrieben “und dürfen sich insgeheim freuen” und nicht explizit, daß sie es tatsächlich tun, trotzdem scheint mir angedeutet, es könnte so sein … so zumindest ist es bei mir angekommen. Aber vielleicht liegt das ja auch nur an mir und einer verqueren Interpretation meinerseits.

    Daß die Politiker von den Millionen auf den Live8-Konzerten weniger beeindruckt sind als von den durch die Bomben Getöteten, ist allerdings lediglich eine Annahme Deinerseits, wir wissen nämlich nicht, was sie mehr beeindruckt, abgesehen davon könnte ich es durchaus nachvollziehen, wenn sie tatsächlich nicht allzu sehr von diesen Millionen beeindruckt sind: es kostet diese Millionen nämlich nichts, auf Gratiskonzerte zu gehen, mit den Fingern zu schnipsen, ein Armband zu tragen und eine gute Zeit mit “so vielen Millionen” anderen zu haben und dabei noch sagen zu können “ich war dabei, ich hab mich ja engagiert”. Interessant ist doch in diesem Zusammenhang, daß es ganze 2 (!) Busse geworden sind, die von Berlin aus nach Edinburgh gefahren sind, um dort vor Ort Flagge zu zeigen. Selbst wenn man noch ein paar Busse von anderswo oder ein paar Privat-Pkw dazu addiert, ist das doch recht wenig. Aber das würde ja was kosten, nämlich Einsatz, evtl. etwas Geld und Zeit sprich z.B. einige Urlaubstage, da überlegt man sich schon, ob man das will. Und ja, es könnte sein – ist wahrscheinlich auch so – daß es einige gibt, die sich tatsächlich engagieren und auf anderem Wege als nach Edinburgh zu fahren, aber es dürfte im Vergleich zu den Millionen Konzertbesuchern eine verschwindend kleine Gruppe sein. Klingt zynisch? Tja, das ist dann wohl mein bißchen Zynismus, der nicht weiter beunruhigen muß. Nein, um es klar und deutlich zu sagen: Ich bin auch dafür, daß man massiv etwas gegen den Hunger in der Welt tut und Leute dafür sensibilisiert – auch deshalb unterstütze ich im Prinzip die “Make Poverty History”-Kampagne, nur welche Wege dorthin führen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Ich kann verstehen, daß Leute wie Geldof und Co. sich vermutlich sagen: “Besser ein Tropfen auf den heißen Stein” als gar nichts, denn mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein wäre ein Schuldenerlaß und eine Verdoppelung Entwicklungshilfe auch wieder nicht. Das, was wirklich etwas bringen würde, nämlich z.B. die Öffnung der Märkte für Afrika will kaum jemand, auch nicht die Millionen, die auf den Konzerten waren, denn das würde früher oder später UNS weh tun und vermutlich sogar ziemlich weh. Daß es uns noch nicht weh tut, ist nur damit erkauft, daß man die ungerechten Systeme aufrechterhält und wohl auch erhalten wird.

    Ein Thema, über das man ewig diskutieren könnte … allerdings vermutlich nicht über Kommentare.

  4. Eine Annahme meinerseits – ja, so wie du Annahmen über die Motivation von Konzertbesucher hast. Wieviele waren das noch? Wieviele unterschiedliche Haltungen mag es in dieser Masse geben? Und wieviele von den vielen mögen noch anderweitig engagiert sein? Tja, wir werden es nie erfahren… Aber wir machen uns unser Bild.
    Bei den Politikern ist dieses Bild wenigstens verifizierbar. Deren Handeln ist für die ganze Welt sichtbar.
    Heute ist in London Schreckliches passiert, und es ist kein Ende des Schreckens in Sicht. Das ist das eigentliche Drama.

  5. Ja, ich stimme Dir zu, es ist ein Drama und ich fürchte ein Drama, in dem wir noch viele traurige und blutige Akte sehen werden, so wie in all den anderen Dramen, die sich in dieser Welt zutragen.

  6. Der Tag, die Sicherheit und der Extremismus

    Ein paar Wirrköpfe haben heute in London einen Anschlag verübt, der dem in Spanien am 11. März 2004 und New York a m 11. September 2001 zugeordnet werden kann.
    Da werden schnell wieder “strengen Sicherheitsmaßnahmen” gefordert und es indirekte als M…

  7. Ich möchte mich nicht ins Hornissennest setzen aber… wie leicht ist es, von den Regierungschefs (deren Edelmut ich damit ich nicht behaupte!) ökonomische Unterstützung für die “Drittweltländer” abzufordern – aber wie bitter würde jeder dieser Regierungschefs vom Wahlvolk abgestraft, wenn er diesem dafür echte Zugeständnisse abverlangen würde? Versteh mich keiner falsch – ich bin die letzte, deren Herz sich gegen Elend und hungernde Kinder verhärtet. Aber ich finde, wir alle machen es uns zu bequem, wenn wir auf Schröder schimpfen, daß er Afrika gegenüber kniepig ist, und gleichzeitig von ihm verlangen, daß wir keinerlei Einschränkungen beim Lebensstandard hinnehmen müssen.

    Wenn wirklich neu verteilt wird, dann aber hallo, auch bei uns daheim. Wie viele von den Konzertgängern sind aber dann wirklcih bereit, ihren Lebensstandard fühlbar runterzuschrauben – Energiebedarf, Wasserverbrauch, Auslandsreisen, Flüge, Konsum…

    Vielleicht wäre ich ja überrascht von dem Potential an Selbstlosigkeit, das in uns allen steckt. Doch wie viele von uns arbeiten freiwillig, ehrenamtlich, unbezahlt zum Wohle hungernder Mitbürger, die es auch in Deutschland gibt – zum Wohle von Asylbewerbern, illegalen Ausländern, was weiß ich?

    Fangen wir doch mal, wenn schon scharf hingeguckt wird, bei uns selbst an.

    Es tut mir selbst leid, aber ich glaube, ich tendiere eher zu Liisas illusionsloser Sicht auf uns, das Volk. Denn ich kenne mich selbst – weichherzig aber soo bequem.

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