Tatort Rundschau

“Was ist denn mit der Rundschau los? Ist die pleite gegangen?”, fragt draußen eine Passantin, als sie die unbekannten Schriftzüge über dem Eingang des FR-Gebäudes sieht. Natürlich nicht. Der Hessische Rundfunk dreht an diesem Tag ein paar Szenen für den neuen Tatort mit Ulrich Tukur, die in einer Zeitungsredaktion spielen. Das fiktive Blatt heißt (*hüstel*) “Blick ins Zeitgeschehen”, und die Schlagzeile auf dem lausig kontrastarm gedruckten Fake-Titelblatt, das auf eine andere Zeitung geklebt ist und drinnen überall auf den Tischen liegt, lautet: “Baby im Müll – Mutter auf Mallorca”. Nunja.

25 von uns sind als Komparsen für diesen Tag gebucht, angetreten an einem sehr frühen Morgen, allesamt brav in den verlangten “gedeckten Farben” gekleidet. Zwei Stunden später dämmert uns: Ein kurzweiliger Tag wird das nicht. Einige werden erst nach dem Mittagessen (Gulaschsuppe) überhaupt zum Einsatz kommen, andere haben bis dahin gefühlte zweiundvierzig Stellproben hinter sich, stundenlang hochkonzentriert wirkend auf die Bildschirme gestarrt und viele viele Blindtexte getippt, denn dies ist unser erster Job: Redakteure spielen und so tun, als ob wir arbeiten. Na, das können wir.

Der Tote war ein Kollege, der Kommissar (Ulrich Tukur) glaubt nicht an Selbstmord und befragt einen Redakteur:

“Hatte er Feinde?”
“Die hat jeder, der hier arbeitet”.

Irgendein Komparse räuspert sich an dieser Stelle. Keine Ahnung, warum.

Ulrich Tukur auf MörderjagdDer Kommissar erfährt: Kurz zuvor hat sich schon mal jemand (Fritzi Haberland) nach dem Toten erkundigt – sehr verdächtig. Der Kommissar sieht sie noch im braunen Mantel durch den Newsroom huschen, er soll eiligst hinterher laufen, tut das allerdings von Klappe zu Klappe (dass es die immer noch gibt!) mit schwindendem Elan. Irgendwann ersetzt Tukur die Hälfte der Strecke mit den Worten “und so weiter und so weiter”.

Später noch eine Szene im Foyer, dann eine draußen vor dem Gebäude und eine letzte am Südbahnhof um die Ecke. Bei allen geben wir die bewegte Kulisse für den Kommissar, der die Verdächtige durch das sich wundernde Sachsenhausen verfolgt. Unser Schlendern mag vom Regieassistenten noch so exakt choreographiert sein – das sieht uns niemand mehr an. Wir wirken nicht nur so, wir sind echt. Echt müde.

Ausstrahlung: Herbst 2010.