Auf dem Mainradweg: Alles fließt

Kurz hinter Aschaffenburg fang ich an zu singen und weiß: Nun bin ich wirklich unterwegs. Es ist Montag, der Himmel ist bewölkt, Regen angesagt – ich hab freie Bahn auf dem Radweg. Hat man einmal die Ausfallstraßen unterquert (es scheint wirklich keine Stadt zu geben, die nicht hässlich ausfranst an ihren Rändern), stört kaum ein Mensch mehr die Ruhe – ok, mit Ausnahme von mir. Als ich die mittelalterliche Richtstätte passiere, stelle ich meinen Singsang kurz ein – und bemerke, dass mein Vorderrad an irgendetwas schleift, ein leichter Achter, glaube ich.

Der Fluss scheint stillzustehen. Als würde er die Luft anhalten, bevor er sich ein paar Kilometer weiter durch die nächste Schleuse presst. Drüben, an den steilen Hängen am anderen Ufer, wird Wein angebaut. In Wörth schaue ich der Bayerischen Schiffbaugesellschaft beim Schiffebauen zu. Die wuchtigen Schotten und Mauern, mit denen sich das Römerstädtchen zum Ufer hin schützt, deutet auf häufiges Hochwasser hin. Früher gern mal “Klein-Venedig” am Main genannt, braucht Wörth heute gerade mal zwei Stunden Zeit, und die Stadt ist gesichert.

Gegen Wasser von oben hilft das freilich nicht. Vor mir türmt sich eine dunkle Wolkenfront. In meiner Regenhose seh ich aus wie ein Michelinmännchen, was soll’s, sie hält mir das Gröbste vom Leib, und hier kennt mich ja keiner.

Die Römer sind hier überall. Bei Klingenberg – der Mainradweg heißt hier auch Limesradweg – stolpere ich über ein römisches Militärbad.

In der Nähe von Miltenberg stieß der Limes an den Main. Ich selbst rolle im strömenden Regen in die Stadt hinein, die sich langgezogen am Ufer erstreckt, begünstigt von ihrer Lage an der Handelsstraße zwischen Nürnberg und Frankfurt und vom Stapelrecht, nach dem reisende Händler in früheren Zeiten hier drei Tage Halt machen mussten. Triefend und unentschlossen stelle ich mich nahe der imposanten Brücke unter – da kommt die Sonne raus. Zur rechten Zeit, am richtigen Ort.