Ein Leben in Bildern

Helene Schjerfbeck: Selbstporträts

Helene Schjerfbeck: Selbstporträts

Schon lange bin ich nicht mehr so beeindruckt aus der Schirn gekommen wie dieser Tage. Schuld daran ist Helene Schjerfbeck, eine finnische Malerin, von der ich – offen gesagt – nie zuvor gehört hatte. In Finnland gilt sie als bedeutendste Malerin der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sogar auf einer 2-Euro-Münze ist sie abgebildet. Zu recht, wie ich jetzt weiß.

Helene Schjerfbeck lebte von 1862 bis 1946, und stolze siebzig Jahre dieser weiten Lebensspanne widmete sie sich der Malerei. Dass sie nie heiratete, war dabei bestimmt förderlich. ;) Viele Male hat Helene Schjerfbeck sich selbst Modell gestanden. Die Selbstporträts stehen im Mittelpunkt der erfreulich übersichtlichen Ausstellung in der Schirn. So kann man dort an einem ganzen Leben vorbeischlendern und zusehen, wie die Malerin sich verändert. Oder besser: Wie sich ändert, was sie sieht, wenn sie sich selbst sieht – und wie sich ihr Malstil entwickelt, vom Realismus zur Abstraktion. Gut nachvollziehbar ist das auch in diesem Digitorial zur Ausstellung.

Die junge Frau Anfang 20 schaut keck in die Welt: Sie kann bereits erste Erfolge als Malerin verbuchen, sie stellt aus, unternimmt lange Reisen nach Frankreich und England. Später wird sie sich um ihre kranke Mutter kümmern, mit ihr aufs Land ziehen. Abgeschieden, aber nicht isoliert, wie die Ausstellung betont. Auch in ihrem Dorf 30 Kilometer von Helsinki entfernt bleibt Helene Schjerfbeck in ständigem Austausch mit der Welt, und: Sie malt und malt. Frauen zumeist, die in sich zu ruhen scheinen. Oft sind in ein Buch vertieft, und man geht auf leisen Sohlen vorbei, um sie nicht zu stören. Andere Porträtierte tragen mit Bubikopf und sind gekleidet in den Pariser Schick der 1920er Jahre, sie wirken, als hätte Helene Schjerfbeck sie gerade auf den Straßen von Paris getroffen und spontan festgehalten.

Hageres Gesicht, hochgerecktes Kinn, ein fixierender Blick: So sieht man sie Helene Schjerfbeck von eigener Hand auf der Leinwand altern, bis ihr Gesicht zunehmend die Konturen verliert. Die späten Selbstporträts werden zunehmend abstrakt: Die Malerin verschwindet regelrecht vor unseren Augen.

Auch viele der weiteren Bilder in der Ausstellung sind sehenswert, darunter “Die Genesende” und Verwundeter Soldat im Schnee”. Mir gefällt mir vor allem “Die Tür”, unter der ein Licht hervorschimmert wie eine Verheißung – oder lässt man sie doch besser verschlossen?