Bye bye, Marathon

Ich war soeben, ein wenig kreuzlahm von der Gartenarbeit, auf das heimische Sofa gesunken, als ich gewahr wurde: In Hamburg laufen sie an diesem Wochenende Marathon.

Hamburg-Marathon – hach! Zwei Worte, ein Mythos! Traumstrecke durch eine Traumstadt! Über Reeperbahn und Elbchaussee, durch St. Pauli und vorbei an Landungsbrücken, Binnenalster, Außenalster… und dazu noch bestes Laufwetter im Norden. Oh Hamburg-Marathon! Oh fernes, oh unerreichbar scheinendes Ziel!

Andererseits: Ich lag gerade so bequem.
Eingemummelt in eine flauschige Decke im warmen Wohnzimmer, während draußen dunkle Wolken vom Himmel Besitz ergriffen. Mit einem leckeren Getränk in der Hand, Buch und Fernbedienung in Reichweite, im Ohr das beruhigende Klackern der Tastatur, auf der Siebenstein nebenan tippte… Hamburg-Marathon? Oooooch. Lassen Sie mal.

Wieso sich plagen? Etwa, um sich anschließend zu fühlen wie ein Spätheimkehrer von der Ostfront? So wie Achim Achilles, einer von über zehn Millionen Freizeitsportlern in Deutschland. Er ist nicht mehr ganz jung, nicht mehr ganz schlank, nicht mehr ganz fit. Trotzdem lief er am Sonntag mit. Sobald er sich wieder bewegen kann, wird er die Marathon-Ade-Fraktion gründen. Und von der Kuppel des Reichstages getragene Laufsocken in den Plenarsaal werfen.

Die Hölle begann bei Kilometer 32: “Aua” bei jedem Schritt. Beine wie T-Träger, laufende Dampframme. Butter im Knie. Meine auf sexy geschnittene Hochleistungshose hatte mir eine Fleischwunde in beide Oberschenkel geraspelt. Ich würde Vaterunser beten, wenn mir der Text einfiele.

Genauso würds mir auch gehen. Nur, dass die Hölle schon früher begänne – bei, sagen wir, Kilometer 20. Oder 15? Vermutlich. Spätestens.

Nein, da bleibe ich lieber bei meinen gemütlichen Achtel-Marathon, lasse mich dabei von Zitronenfaltern überholen, und bin das, was Achim Achilles erst noch werden will: Genussläufer. Wellness-Jogger. Zum ersten Mal will ich bei diesem Irrsinn auf Schaumsohlen so etwas verspüren wie – Spaß. Genau. Der Spaß ist das Ziel. Nicht der lange Weg.

Achilles Verse: Wie ich den Hamburg-Marathon überlebte

Ein Kommentar

  1. Was hätte der Kerl erst beim Ironman gesagt/geschrieben? Ein Marathon ist nichts, was man nicht mit etwas Vorbereitung und Disziplin schaffen kann. Alles andere ist in Selbstbeweihräucherung übergehende Selbstdarstellung ob der geschafften Leistung. Und Kokettieren mit dem Leid vor dem geneigten Publikum.
    Der Mensch ist ein Lauftier. Und falls er es verlernt hat, so erinnert sich der Körper schnell dran.

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