Nach zweieinhalb Stunden Untergang schämt man sich fast für die zerdrückten Tränen – gegenüber den Millionen, für die der Albtraum real war und weitaus länger anhielt. Wir treten aus dem Kino, gehen Arm in Arm durch eine deutsche Straße in einer deutschen Stadt und schweigen beide das Gleiche: Das war hier! Hier und überall in Europa.
Für mich ist der Untergang kein Film über Hitler. Für mich hätten sie statt Bruno Ganz eine Pappfigur durch die Kulissen schieben können – sie würde mich nicht weniger berührt haben. Vielleicht ist das gut so. Vielleicht nicht.
Hitler als Abziehbildchen: Der immer gleiche kehlige Tonfall, egal ob ruhiges Gespräch oder Wutausbruch; das cholerische Kopfschütteln stets so überzogen, dass die Haarspitzen zittern – in meiner Wahrnehmung eher Karikatur als Wiedergabe. Aber auch das ist eine hervorragende schauspielerische Leistung.
Vermutlich war Hitler einfach so. Was die Anziehungskraft, die er angeblich auf die Menschen seiner nahen Umgebung hatte, für mich noch weniger nachvollziehbar macht. Wenn es sie gab, kam sie nicht rüber. Nicht zu mir jedenfalls. Da bin ich mir mit Andrea einig.
Regelrecht körperlich anwesend waren dagegen all die anderen gespenstischen Gestalten: Magda Goebbels mit ihrem kalten Fanatismus und ihrer tödlichen Entschlossenheit, Traudel Junge in ihrer Naivität, Joseph Goebbels in seiner würstchenhaften Feigheit und seinem Strebertum, mit dem er seinen Chef plump nachahmt bis hin zum Verbrennen seiner Leiche, Eva Braun mit ihrem Schwanken zwischen unerträglicher Heiterkeit und stummer Melancholie.
Nein, kein Film über Hitler. Es ist ein Film über die Leute in seinem Dunstkreis, ein Film über über Kadavergehorsam, über verbohrten Rassenhass, der nicht einmal hinter meterdicken Bunkerwänden wankt, über skrupellose Karrieristen, über Menschen ohne Gewissen und Menschen, die ihr Gewissen erst später entdeckten. So wie Traudel Junge, die sich Jahre danach ihre Schuld eingesteht, als sie feststellt, dass sie im gleichen Jahr geboren wurde wie Sophie Scholl – und also nicht zu jung war, um es besser zu wissen.