Das Unternehmen, das mich lebensversichert, erschreckte mich kürzlich mit der Nachricht: Ihre Tochter wird 101! Tochter? Hab ich da was nicht mitbekommen? Und vor allem: Einhunderteins?
Landauf, landab stimmen private Rentenversichererer das Lied von der Generation der Hundertjährigen an. Die Melodie ist immer die gleiche: Die Lebenserwartung steigt in schwindelnde Höhen – private Vorsorge ist also erste Bürgerpflicht. Am besten bei uns. Hier unser Angebot…
Nebeneffekt: Wenn die Lebenserwartung steigt, sinkt für die Versicherer der monatlich auszuzahlende Betrag – die angesparte Summe muss ja, rein rechnerisch, für eine längere Zeit reichen.
Das Statistische Bundesamt gab für 2004 geborene Mädchen eine Lebenserwartung von 81,55 an, für Jungen des gleichen Jahrgangs 75, 89. Ich fragte deshalb bei meinem Lebensversicherer,wie er darauf kommt, dass meine fiktive Tochter zwanzig Jahre älter werden wird als der Durchschnitt. Die Antwort: Versicherungsunternehmen orientieren sich nicht an der tatsächlichen Lebenserwartung, sondern an der aktuellen Sterbetafel für Rentenversicherungen der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). Der künftige medizinische Fortschritt und die Lebensumstände der Zukunft werden dabei gleich mit eingerechnet, die Sterblichkeit dagegen bewusst niedriger angesetzt.
Dass Versicherer sich mit dieser Kalkulation selbst absichern, ist nachvollziehbar. Dass sie mit denselben unrealistischen Zahlen Versicherungen verkaufen, ist Bauernfängerei.