Jaha, ich geb’s zu: Apple hat leichtes Spiel mit mir. In Cupertino reibt man sich die Hände über Leute wie mich, die sich mit fast jedem neuen Spielzeug ködern lassen. So ist es halt: Gebt mir eine komfortables Werkzeug, um interaktives Zeugs zu damit herzustellen, und ich sehe großzügig über die Fesseln hinweg, die man mir dafür anlegt.
Aber von Anfang an.
Als ich das erste Mal von iBooks Author hörte, war klar: *habenwill*. Die Software zum Erstellen von interaktiven Büchern wird von Apple kostenlos unters Volk gebracht – ein cleverer Schachzug, denn so füllt sich nicht nur der iBook-Store schneller mit neuen Büchern, vor allem bekommt Apple so einen Fuß in den Schulbuchmarkt, dem wohl größten Markt, der sich da gerade für interaktive digitale Nachschlagewerke auftut.
Natürlich verschenkt Apple nix. An die Nutzung der Software sind Bedingungen geknüpft. Die damit erstellten iBooks darf man nur und ausschließlich im Apfel-Buchladen verkaufen. Abstreifen lässt sich diese Fessel nur, wenn man sich entschließt, sein Buch zu verschenken. Da ich nicht vom Büchermachen lebe und mein geplantes eBook-Erstlingswerk ohnehin keinen kommerziellen Hintergrund hat, fiel mir diese Entscheidung zunächst leicht. Trotzdem haben Apples restriktive Nutzungsbedingungen ärgerliche Folgen – doch dazu später mehr.
Ein interaktives eBook über Annette von Droste-Hülshoff – oh Wunder, das gibt’s noch nicht?! Ich finde, die Welt braucht eins. :) Genug Material wie Briefe und Zeitgenossen-Kommentare habe ich ja für www.nach100jahren.de gesammelt und ausgewertet, reichlich biografische Texte geschrieben, Fotos, Videos und eine interaktive Karte erstellt. Daraus sollte sich doch ein eBook machen lassen?
Lässt es, und das ist gar kein Hexenwerk. Die Software ist weitgehend selbsterklärend und kann verdammt viel – für den Preis. :) Ein Projekt beginnt man mit der Auswahl aus mehreren vorgefertigte Layouts, die man von Absatzformaten bis hin zum Seitenaufbau modifizieren kann. Geänderte Layouts lassen sich als neue Vorlagen speichern. Was nicht geht: Ein von Grund auf eigenes Seitentemplate für das Buch erstellen.
Wer fröhlich drauf los gestaltet und dabei vergisst, dass das Buch auf dem Tablet-Computer in zwei Ansichten gut aussehen muss – im Quer- ebenso wie im Hochformat – der wird vermutlich eine böse Überraschung erleben. (*Hüstel* Merkt man etwa, dass ich von mir selbst schreibe?) Es empfiehlt sich jedenfalls dringend, beide Ansichten von Beginn an im Blick zu behalten und notfalls abweichend zu layouten.
Galerien, Videos, interaktive Bilder, Quizze (iBooks Author nennt sie, wohl mit Blick auf Lehrbuch-Projekte, “Wiederholungen”), sogar Keynote-Präsentationen und 3D-Dateien lassen als Widgets auf eine Buchseite ziehen und mit Inhalt bestücken. Aus dem Buchtext kann man sehr einfach ein Glossar erstellen, indem man einzelne Begriffe markiert und kurze Erläuterungen schreibt. Um zwischendurch zu prüfen, ob das Ganze gut aussieht und funktioniert, lädt man sich eine Vorschau einzelner Seiten oder des kompletten Buchs aufs iPad.
Nach einigen Wochen Fleißarbeit habe ich mit einer Auswahl der interessantesten Droste-Briefe, eigenen Texten, mehreren Videos, Galerien und interaktiven Elementen also mein erstes eBook erstellt. Und nun? Wie kommt das Buch in den Laden? Dazu braucht es einen iTunes-Connect-Account (in meinem Fall für “free books”) und die Software iTunes Producer. Damit wird die fertige eBooks-Datei mit diversen Metadaten (Titel, Autor, Beschreibung, Kategorisierung, Screenshots usw.) versehen und schließlich in Apples iBook-Store hochgeladen.
Und dann heißt es: Warten auf das gnädige Go! aus Cupertino. Dort wird das Werk jetzt geprüft, denn Apple lässt ja nicht alles in den eigenen Laden. Leider mag Apple auch nichts so gerne in konkurrierende Läden lassen, und hier wird es wirklich ärgerlich: Der Konzern erlaubt zwar, dass ich mein Buch auch in anderen digitalen Buchläden anbiete – wenn ich es, wie oben erwähnt, verschenke. Aber: iBooks Author unterstützt das gängige eBook-Format ePUB nicht. Lediglich ein PDF oder eine reine Textdatei kann man zusätzlich mit iBooks Author erstellen. Eine Konvertierungsmöglichkeit des Buchs ins ePUB-Format fehlt.
Und natürlich ist Apple auch an anderen Stellen empfindlich. Nach zwei oder drei Tagen meldet sich die Firma bei mir und teilt mir mit, dass ich vor einer Veröffentlichung das Einführungsvideo in meinem Buch öndern muss. Steine des Anstoßes sind die Wörter “iBook” und “kostenlos”, die darin auftauchen – und deren Verwendung Apple mir glatt verbietet. Also Video neu schneiden, Buch neu hochladen.
Diesmal dauert es eine gute Woche, aber wenigstens ist die Diva jetzt mit dem Ergebnis zufrieden: Das Buch ist im Store. Yeah!
Zur Stunde sind 77 Exemplare meines eBooks heruntergeladen worden. Huch? Wer, bitte, interessiert sich denn für das kleine Adelsfräulein, das diese unverständlichen ellenlangen Verse schrieb? Und was mich auch brennend interessiert: Gibt es Kritik, Anregungen, Hinweise auf Fehler? Ich freu mich über Feedback.
Übrigens, bei dieser Gelegenheit bekomme ich dies hier noch unter: Auf der re:publica gab’s eine Veranstaltung zum Thema Self-Publishing.