Nobel, nobel: Bei Lincolns und bei Vanderbilts

Manchester, Vermont: Robert Todd Lincoln und seine Frau Mary lieben diese Gegend. Das beschauliche Neuengland-Städtchen ist von bewaldeten Hügeln umgeben, die mit der Laubverfärbung im Herbst zu einer farbenprächtigen Kulisse werden. Robert kam schon als junger Mann gerne hierher, um mit der Familie Urlaub zu machen. 40 Jahre später, Robert ist inzwischen Präsident der Pullman Company, Erfinder des Schlafwagens und macht mit der Produktion von Eisenbahnwaggons ein Vermögen, lässt er für sich und seine Familie ein repräsentatives Sommerhaus in Manchester bauen. Man schreibt das Jahr 1905.

Roberts Vater erlebt den Bau von Hildene, wie das Anwesen genannt wird, nicht mehr; er war 1865 ermordet worden. Und dennoch gehört ihm heute ein guter Teil des Hauses: Dem früheren Präsidenten Abraham Lincoln ist im ersten Stock der Villa eine Ausstellung gewidmet. Natürlich steht der amerikanische Bürgerkrieg im Mittelpunkt, und falls jemand die wichtigsten Zeilen berühmter Reden Abraham Lincolns auch nach dem Besuch in Hildene noch nicht auswendig kennt, kann er sich ein auf alt getrimmtes Faksimile aus dem Giftshop mitnehmen. Oder einen Abe-Zylinder. Oder ein Sticker-Album mit allen US-Präsidenten …

Hildene und der zauberhafte Garten bleiben bis 1975 in Familienbesitz. In diesem Jahr stirbt Peggy Todd Lincoln, die Enkelin von Robert und Mary. Bei der Wiederherrichtung der Räume in den 1980er Jahren findet man hinter dem Büro Robert Todd Lincolns in einem Safe Papiere, die Aufschluss über das Verhältnis zwischen ihm und seiner Mutter, der Witwe Abraham Lincolns, geben. Bis dahin galt Robert als schlechter Sohn: Es hieß, er habe seine Mutter aus boshafter Berechnung in ein Sanatorium einweisen lassen. Hildene erzählt die Geschichte anders, danach geschah die Zwangseinweisung aus reiner Fürsorge. Die neuen Erkenntnisse sind in dem Buch “The Insanity Files” nachzulesen.

The Breakers

Ortswechsel: Von Vermont nach Rhode Island, von der noblen Zurückgezogenheit Vermonts in das geschäftige Treiben der Wohlhabenden an der Küste – von den Lincolns zu den Vanderbilts.

Je näher wir Newport kommen, umso voller werden die Straßen. Es ist Wochenende, es ist bestes Wetter – und in Newport findet ausgerechnet an diesem Tag eine Bootsmesse statt. Wir streifen die Waterfront nur kurz und fahren weiter in ein Wohngebiet, das man nicht gerade als Problemviertel bezeichnen kann. Eine Villa reiht sich hier an die nächste. Unser Ziel: The Breakers, das Anwesen von Cornelius Vanderbilt II., Enkel des Eisenbahn-Tycoons Cornelius Vanderbilt I.

The Breakers bricht alle Rekorde. Es ist das mit Abstand größte Haus in der Umgebung, zwischen 1893 und 1895 im Stil der italienischen Renaissance gebaut, ein außen wie innen mit wertvollsten Materialien ausgestatteter Palazzo mit 70 Zimmern (davon 33 für die Bediensteten sowie 20 Badezimmer) und nach damaligen Verhältnissen modernster Haustechnik, und steht auf einem ausladenden Grundstück, das bis an die Felsklippen reicht, an denen sich donnernd die Atlantikwellen brechen. Die Villa ist zu besichtigen, ebenso wie eine ganze Reihe weiterer Anwesen in der Gegend. Die Audio-Tour durch die Räume (einige davon erreichen allein locker die Gesamtfläche unserer Wohnung) lohnt sich: Ehemalige Angestellte erzählen, wie es war, für die Vanderbilts zu arbeiten, und Mitglieder der Familie berichten vom Alltag in The Breakers: Ausschlafen, nach den Angestellten läuten, frühstücken, danach Tennis oder an den Strand …

The Breakers - Villa der Familie Vanderbilt in Newport, Rhode Island

The Breakers - Eingang zum Anwesen

The Breakers

The Breakers: Eingangshalle

The Breakers - Blick von der Veranda

Anwesen in Newport, Rhode Island

Warnung vor dem Hunde