Worum es geht.
Was zuvor geschah.
Levin Schücking ist kein unbeschriebenes Blatt. Dass der angehende Journalist und Dichter diverse Liebesbeziehungen hinter sich hat, wird auch Luise nicht verborgen geblieben sein. Ihr wurde offenbar auch zugetragen, dass Levin mit einer gewissen Annette von Droste-Hülshoff befreundet sei – eine Liaison? In ihrem Brief vom 16. November 1843 bringt Luise das Thema geschickt zur Sprache.
Ich schwärme in neuerer Zeit sehr für eine Dichterin, die, glaube ich, eine Freundin von Ihnen ist, Annette Droste. Von einer Frau habe ich noch nie so gute Gedichte gelesen. Wir sind gewöhnlich matt und larmoyant, wir deutschen Frauen, wenn wir in gebundener Rede sprechen, aber wie kräftig, kurz und originell weiß sich die Droste auszudrücken.
Levin beeilt sich, die Beziehung zu der älteren Freundin in einem möglichst harmlosen Licht erscheinen zu lassen, wenn er am 11. Dezember 1843 antwortet:
Dass Sie die Gedichte der Droste so schön finden, freut mich außerordentlich. Die Droste war eine Freundin meiner Mutter, und ich habe an ihr eine Mutter wiedergefunden: Es gibt kein innigeres und wohltuenderes Verhältnis wie das zwischen ihr und mir, wie es kein angenehmeres Leben für mich gegeben, wenn ich bei ihr auf ihrem einsamen Waldschlösslein mich habe verwöhnen lassen wie ein rechtes Muttersöhnchen, das sich die Weinsaucen, die Apfelpfannkuchen u.s.w. selber am großen Küchenfeuer zusammen kochte und während des die Fülle der schönsten Gespenstergeschichten erzählen ließ. Eine Gedichtsammlung von ihr, die nächstens erscheinen wird, kann nicht verfehlen, großes Aufsehen zu machen. Kennen Sie den “Graf von Thal” von ihr in Wolfs poetischem Hausschatz?
Sie brauchen deshalb nicht eifersüchtig zu werden, meine teure Braut, wenn ich Ihnen dessen auch wert scheinen sollte. Die Droste wird stark in den Vierzigern sein, und sieht noch älter aus, weil sie kränklich ist: Da kann man jemanden wohl sehr lieb haben, aber eifersüchtig braucht man doch nicht darauf zu sein. Sie hat eine ganz frappante Ähnlichkeit mit mir, die wirklich bei einer Mutter und ihrem Sohne nicht größer sein könnte, äußerlich und innerlich, nur hat sie unendlich mehr originelle Poesie als ich in sich. Sie ist eine ganz eigentümliche, in jeder Beziehung originelle und tief gediegene Erscheinung. Nur hat eine ganz verkehrte, ganz aristokratische Erziehung alle ihre Talente an der Entwicklung gehindert. Ich muss Ihnen noch viel, sehr viel von meinem guten Mütterchen erzählen, wenn wir mal ruhig zusammen plaudern können.
“Die Droste wird stark in den Vierzigern sein, und sieht noch älter aus, weil sie kränklich ist:…” …. pffff!!