Pfusch im Blatt

Immer wieder samstags, wenn für die Zeitungslektüre etwas mehr Zeit als sonst bleibt, wächst mein Verständnis dafür, warum es dieses Blatt einfach nicht aus der Krise schafft. Der Aufsetzer auf Seite 1 – ein exponierter Platz für die kleine exklusive, häufig schräge Geschichte – dreht sich um die finanziellen Probleme des Anwalts Edward Fagan und hastet so schnell und ohne Erläuterungen von einer vagen Andeutung zur nächsten, dass dem Ganzen wohl nur noch folgen kann, wer den Herrn und dessen Lebensgeschichte persönlich kennt. Allen anderen bleibt – wie mir – nur ein großes HÄ? in einer überdimensionalen, gedachten Gedankenblase über der krausen Stirn – und der Ärger über mich selbst, weil ich den Text bis zum bitteren Ende gelesen habe.

Der Leitartikel auf Seite 3 schlendert zwei volle Absätze lang gemächlich um Begrifflichkeiten herum, bis sich der Kommentator endlich dazu herablässt, mir mitzuteilen, um welches Thema es geht. Im Regionalteil werden mir “Tipps vom PR-Profi” auf Seite 32 versprochen, das zugehörige Interview finde ich, nach einigem Blättern, dann auf Seite 29. Macht aber eigentlich nichts, denn die angekündigten Ratschläge fehlen eh: Die Antwort des Experten auf die Frage nach einem konkreten Tipp lautet: “Der wäre honorarpflichtig.” Um das zu erfahren, musste ich mich fast komplett durch ein grottenlangweiliges nur mäßig interessantes Interview quälen.

Die Konkurrenz aus dem Frankfurter Osten hat leider auch nichts zu bieten. Auf der einen popeligen Lokalseite, die meinen Wohnort betrifft, werden üppige viereinhalb Spalten für ein Gruppenfoto verschwendet. Die Bildunterschrift: Die Kreis-SPD besuchte vor wenigen Tagen die Bepo (Bereitschaftspolizei) in M. Vor den Einsatzfahrzeugen stellten sich die Mitglieder der SPD-Kreistagsfraktion und die Führung der Bereitschaftspolizeiabteilung M. fürs Foto auf: Von links nach rechts… Wahnsinns-News.

Mal ehrlich, liebe Herausgeber, Verleger und Redaktionen: Würdet ihr für so einen Mist, wie ihr ihn euren Lesern zumutet, auch noch Geld bezahlen? Seht ihr.

5 Kommentare

  1. Stefan, da hast Du sicher recht, aber es könnte sein, daß die Adressaten bzw. die Angesprochenen das anders sehen, oder?

  2. Ich kann nicht ganz folgen. Geschäftsschädigend, weil ich hier etwas erwähne, das jeder selbst nachlesen kann? Weil die tägliche Blattkritik hier mal im Blog statt im Konferenzraum stattfindet? Ein ulkiger Gedanke, auch und gerade von einer Zeitung mit dieser berühmten “linksliberalen” Haltung. Was anderes wäre es, wenn ich hier Interna ausbreitete oder Urheberrechte verletzte.

  3. na gut, dann nicht … ich hab mir ja nur Sorgen um Dich gemacht.

    Abgesehen davon: Was Herausgeber, Verleger und Redakteure evtl. als “geschäftsschädigend” ansehen muß ja auch nicht unbedingt logisch oder nachvollziehbar sein. Und wenn die eigenen Mitarbeiter so deutlich (berechtigte) Kritik in aller Öffentlichkeit üben (und nicht hinter den Türen eines Konferenzraums) könnte ja doch jemand “angekratzt” reagieren … so hab ich das jedenfalls gemeint. Aber ich sehe mich belehrt, daß dieser Gedankengang wohl albern war.

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