Rollenspiele

Bei komplexen Problemen mit einfachen Rezepten wedeln – diese Art der Bauernfängerei hat wohl immer Konjunktur. Vor einigen Tagen war sich ein Abgeordneter nicht zu blöde, sinngemäß zu äußern: Sprache, Sprache, Sprache – das ist das Wichtigste. Wer deutsch kann, bekommt auch eine Ausbildung, bekommt auch Arbeit.

Achso. So einfach?

Die Rollen scheinen verteilt: Hier Politiker, die auf der Suche nach Popularität vermeintlich schnelle Lösungen für seit vielen Jahren schwelende Probleme aus der Hüfte schießen; dort Medien, die auf der Suche nach Publikum das Problem angeblich auch schon mal kameragerecht inszenieren – oder nicht? Nun, neu wäre das jedenfalls nicht.

Sicher ist: Beide tun so, als hätten sie mit der wachsenden Gewaltbereitschaft von Jugendlichen nicht das Geringste zu tun. Nichts mit der stetig sinkenden finanziellen Ausstattung von Schulen (in Hessen kümmern sich noch drei Schulpsychologen um 40.000 Schülerinnen und Schüler), nichts mit der Perspektivlosigkeit, die nach der Schule auf junge Erwachsene wartet, und nichts mit der folgenreichen Erfahrung Jugendlicher, dass wir uns immer weniger für ihre Zukunftsängste interessieren, während brachiales Verhalten sofort mediengerecht ausgeleuchtet wird.

Wenn die Gesellschaft den Menschen der heranwachsenden Generation eine kreative Sinnerfüllung versagt, dann finden sie schließlich ihre Erfüllung in der Zerstörung. Norbert Elias: Studien über die Deutschen. (1989!)