Es hat mich immer seltsam angerührt, dieses Bild von Edvard Munch. Ein Mensch schreit stumm, und doch hörst du ihn – mit den Augen, nicht mit den Ohren. Jetzt ist “Der Schrei” verschwunden – heute Morgen mit Waffengewalt aus dem Munch-Museum in Oslo geraubt, zusammen mit einem weiteren Bild des norwegischen Expressionisten.
Das Besondere an Munchs “Schrei” ist, dass er ein menschliches, existentielles Grundgefühl visuell auf den einfachsten Nenner gebracht hat, schreibt Susanne Meyer und zitiert aus Munchs Tagebuch, der zur Entstehung des Bildes notierte: Ich ging mit zwei Freunden die Straße entlang, die Sonne ging unter – ich spürte einen Hauch von Schwermut – der Himmel färbte sich plötzlich blutig rot. Ich blieb stehen, lehnte mich todmüde gegen einen Zaun – sah die flammenden Wolken wie Blut und Schwerter – den blauschwarzen Fjord und die Stadt – meine Freunde gingen weiter – ich stand da zitternd vor Angst – und ich fühlte wie ein langer unendlicher Schrei durch die Natur ging.
Heute Morgen nun ist der Ausdruck blanker Angst, vor 111 Jahren auf eine Leinwand gemalt, lebendig geworden: Sie wird sich in den Gesichtern vieler Museumsbesucher gespiegelt haben, die, wie der Tagesanzeiger schreibt, offenbar zunächst an einen Terroranschlag glaubten.