Welcome to the Middle Ages

44 Prozent der Männer und 27 Prozent der Frauen halten Folter in bestimmten Fällen für annehmbar.
Man muss schon in sehr ausgeglichener Verfassung sein, will man sich beim Anblick der Umfrageergebnisse, die Liisa zusammengestellt hat, nicht augenblicklich dem Anti-Amerikanismus ergeben.

3 Kommentare

  1. Die Umfrageergebnisse sind gewiss erschreckend. Und ich teile die Einschätzung, wonach es eher ein Zeichen von Schwäche als von Stärke ist, wenn man unter dem Druck des Terrors alle mühsam erreichten Errungenschaften der Zivilisation über Bord wirft und zur Barbarei zurückkehrt. Dementsprechend Folter eher ein Zeichen des vorschnellen Versagens ist.
    Allerdings finde ich sehr wohl, dass es einen Unterschied zwischen Folter und “körperlichen Misshandlungen gibt. Und das ein Verhör eines entschlossenen Gegenübers nicht ohne ein Minimum an wenigstens psychischen Druck auskommen kann…

  2. Nicht zu vergessen allerdings, dass es auch in Deutschland bei der Kindesentführung in Frankfurt (M) vor einiger Zeit eine Debatte gab, ob Folter bei Gefahr im Verzug nicht rechtens gewesen wäre. Die hatte nämlich der (stellv. ?) Polizeipräsidenten angedroht.

  3. Stimmt. Und was in dieser Debatte unbeachtet blieb und durch spätere Äußerungen Daschners u.a. überdeckt wurde, ist, dass Daschner tatsächlich nur mit “Schmerzzufügung” gedroht hatte. Im Falle des “weichen” Verdächtigen Gäfgen reichte das offensichtlich völlig. Und die bloße Drohung mit “Schmerzzufügung” – nach dem was Daschner dazu erklärte, würde ich nicht von Folter reden, auch wenn es in der Öffentlichkeit so pauschalisierend bezeichnet wurde – kategorisiere ich zumindest grundsätzlich als “psychischen Druck”. Ob Daschner tatsächlich hätte “Schmerz zufügen” lassen, steht erst einmal auf einem anderen Tapet. Er sagt, er hätte.
    In der ZEIT gab es vielleicht den besten Kommentar zu dieser Angelegenheit, die deswegen ihre Brisanz erhält, weil gleich versucht wird, aus Folter ein prinzipielles Instrument der Gefahrenabwehr zu machen. In der ZEIT hieß es sinngemäß, Daschner solle sich im Verfahren gegen ihn schuldig bekennen, gegen bestehende Gesetze verstoßen zu haben und gleichzeitig den Richter um Milde wegen der besonderen Umstände zu bitten. Nur dadurch könne gewährleistet werden, dass dem Recht Genüge getan, ein Riegel vor Diskussionen um Folter geschoben und gleichzeitig die Tragik der Situation berücksichtigt werde.

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