Generalprobe

Was für ein Tag. Er beginnt mit einem schwedischen Frühstück (Köttbullar und Knäckebrot, kein Nutella) und endet mit einem alkoholreduzierten Bier. Achso, und einem unerwarteten Zusammentreffen mit Haakon, Mette-Marit, Felipe, Laetizia, Frederik, Mary, Albert, Willem-Alexander, Maxima, Beatrix, Margarethe, Silvia, Karl-Gustav, Daniel und Victoria. Doch dazu später mehr.

Am Tag vor der Hochzeit probt ganz Stockholm general. Zwischen Schloss und Kirche prüfen aufmarschierte Soldaten mit ausgestreckten Armen, ob der Abstand zum Vordermann stimmt. Polizisten markieren die Strecke, die die Kutsche morgen nimmt, mit blauem Absperrband. Ein Arbeiter kniet am Eingang zur Kirche und klebt die Stufen ab. An der Anlegestelle vor dem Schloss hat die königliche Schaluppe festgemacht, unter den Augen Hunderter Schaulustiger gehen 18 uniformierte Ruderer an Bord, um noch ein letztes Mal den verzögerten Ruderschlag zu trainieren, bevor sie die das frisch getraute Paar morgen wie weiland Silvia und Karl Gustav durch die Bucht vor Stockholm schippern. Am Loogarden vor dem Schloss, wo das Boot nach der Runde wieder festmachen wird, liegt der Rasen noch in Rollen.

Journalisten haben Stockholm heimgesucht wie ein Heuschreckenschwarm. Die TV-Sender haben sich die aussichtsreichsten Plätze gesichert, bauen Bühnen auf und richten grelle Scheinwerfer auf das Schloss. Auf einer der beiden ZDF-Bühnen hält Karen Webb einem Interviewgast ein Mikrofon hin, auf der anderen steht Norbert Lehmann. Während das ZDF heute wohl nur kurz nach Stockholm schaltet, kennt der schwedische TV -Sender SVT1 offenbar kein anderes Programm mehr als die royale Hochzeit.

Was sich in der Altstadt auch nur annähernd zum Sitzen eignet, wird von Journalisten besessen, Langeweile im Gesicht, Laptop auf dem Schoß – wenn sie nicht gerade auf der Suche nach verwertbaren Bildern sind. Ein italienisches TV-Team spricht jeden Passanten an, der nicht rechtzeitig einen Haken geschlagen hat, und will nur eins: Emotion. Nur einer bleibt gelassen: In einem irischen Pub auf der Drottningsgatan verliert gerade Deutschland gegen Serbien, als draußen Rolf Seelmann- Eggebert stehenbleibt, kurz durchs Fenster sieht und dann mit altväterlicher Miene weitergeht.

Am Nachmittag entlädt sich ein heftiges Gewitter über Stockholm, Sturzbäche ergießen sich über das Kopfsteinpflaster, spülen die Journalisten in die Kneipen und die Touristen in die Souvenirshops, wo auf Tassen, Tellern und Tischsets Victoria entspannt, Daniel hingegen verkrampft lächelt.

Abends am Konzerthaus: Blaue Busse fahren vor, und heraus quillt fast der komplette europäische Hochadel. Die Regierung hat 1600 Gäste zur Vorhochzeitsfeier eingeladen, und die Bernadottes lassen ihre persönlichen Gäste kuzerhand per Omnibus kutschieren. Ist praktischer. Nur Victoria und Daniel kommen in der Limousine. Charles und Camilla kommen gar nicht. Die Eltern der Braut werden sie kaum vermissen: Eine schwedische Zeitung erinnert heute an die einstige Lästereien des britischen Thronfolgers über den “dämlichen König und seine deutsche Frau”.

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