Terror im Kopf

Wer weiß, irgendwann stolpern wir über die Trümmer unserer Welt und erinnern uns wehmütig daran, dass wir mal glaubten, die Praxisgebühr wäre etwas Schlimmes, sag ich heute früh zu Siebenstein. Der (Nachrichten-)Tag gestern hat mir doch mehr zugesetzt als ich dachte. Vielleicht sollte ich mir abgewöhnen, meine Nase in Drohbriefe zu stecken.
Es gelingt mir immer schlechter, solche Elaborate als Geschwätz von Verrückten abzutun, und zugleich glaube ich immer weniger daran, dass Globalisierung nur sozial gerecht organisiert werden müsste, um dem Terror in der Welt den Boden abzugraben. Die Bombenleger sind keine armen, benachteiligten Schweine. Es sind privilegierte, zum Teil wohlhabende junge Männer, die sich mittlerweile nicht mal mehr den Anschein von Rebellentum geben.
Sie töten. Einfach so.
Dass sich hier zu Lande viele ernsthaft einbilden, man würde dem islamischen Fundamentalismus entgegen treten, indem man harmlosen Lehrerinnen das Kopftuch verbietet, ist in Villen und Zelten von Algier bis Rabat vermutlich bereits zum Running Gag mutiert.

Nachtrag:
normale ordentliche Polizeiarbeit hat zur Aufklärung der Attentate vom 11. März geführt, keine Militäraktion oder eine Besetzung des Inlands durch die Armee, schreibt Ralf zu Recht. Es gibt sie durchaus, die richtige Antwort auf den Terror. Im Weißen Haus kennt man sie nur nicht.

8 Kommentare

  1. Was hat die nachsorgende aufklärende Polizeiarbeit mit der Verhinderung von Terror zu tun? Dass man hinterher weiß, wer sich da selbstmörderisch mit anderen in die Luft gejagt hat? Wie verhindert man damit die nächsten Attentate? Aufklärung – und damit Abschreckung durch die Drohung des Erwischtwerdens – funktioniert nicht bei Leuten, die Selbstmordattentate begehen. Was funktioniert ist, sie zu töten, bvor sie andere töten. Dazu braucht es gewiss auch Aufklärung – aber danach kommt Militär- und keine Polizeiarbeit…Und deswegen, Mo, ist normale Polizeiarbeit keine vollständige, und schon gar keine richtige Antwort.

  2. “Was funktioniert ist, sie zu töten, bevor sie andere töten.” Nein, ojb, das funktioniert eben nicht. Es sei denn, man nimmt achselzuckend in Kauf, dass bei der Gelegenheit auch hunderte, vielleicht tausende Unschuldige mit drauf gehen. Und nicht mal dann funktioniert es.
    Die Drahtzieher von Madrid, heißt es, sind teilweise in Haft, teilweise tot. Die Drahtzieher des 11.9. leben, sie verkriechen sich noch immer, während um sie herum Menschen sterben. Meinst du diese Militärarbeit?

  3. Womit hälst du, Mo, die Drahtzieher davon ab, demnächst 200 Menschen in Paris, 200 in Frankfurt, 200 in London etc. genauso wie in Madrid zu töten? Mit einem Ostermarsch – da werden die drüber lachen. Mit “Verhandlungen” – die wollen nicht verhandeln. Mit “Polizeiarbeit” – gefunden und verhaftet werden insteressiert sie nicht, weil sie sich sofort freipressen lassen.
    Abzug aus Irak? Das wird als Triumph gefeiert und zum Anlass zu weitergehenden Taten genommen werden – nicht zum Einhalt!
    Und wenn sie der Meinung sind, dass bei uns niemand unschuldig ist und deswegen alle wahllos getötet werden können, dann gehört es zur Perfidie des Terrors, dass uns nichts anderes übrig bleibt, als gleichermaßen zuzuschlagen.

    Such dir halt aus, wie du deine bürgerlichen Freiheitsrechte lieber eingeschränkt oder gar verlieren möchtest: Durch einen Sicherheitsstaat hier oder durch eine Talibanisierung hier. Gerade du wirst bei letzterer Variante mehr verlieren.

  4. Deine Argumentation hat einen Fehler, ojb: Selbst ein Überwachungsstaat würde das Problem nicht lösen.
    Machen wir uns doch nichts vor: Terroristen haben immer einen Weg gefunden, zuzuschlagen. Und sie werden immer einen finden.
    Da können wir noch so sehr ostermarschieren – ja, da lachen sie drüber, ganz recht. Die, über die wir hier reden, schmunzeln auch über unsere hysterische Kopftuchdebatte. Und ebenso über unseren blindwütigen Aktionismus, der selbst das Zuwanderungsgesetz noch benutzt, um Sicherheit zu suggerieren, wo keine ist.
    Da können wir noch so sehr aufrüsten und “Krieg dem Terror” schreien – das juckt die nicht. Denn gegen den Terror, einen Feind, der nicht sichtbar ist, der sich im Verborgenen organisiert und hinterrücks zuschlägt, lässt sich nun mal kein Krieg führen (mal gesetzt den Fall, ich hielte Krieg für ein legitimes Mittel der Politik). Was also erreichst du durch das “gleichermaßen zurückschlagen”? Was hat Bush bislang damit erreicht?
    Der Vollständigkeit halber: Dem Abzug aus Irak habe ich nicht das Wort geredet. Und, bei aller Freundschaft: Dass wir unmittelbar vor der Talibanisierung stehen, wenn wir nicht militärisch gegen den Terror zu Felde ziehen – das glaubst du nicht ernsthaft, oder?

  5. Wenn islamistische Kräfte hier das Ruder übernehmen wollten – und es gibt durchaus welche, dir davon reden – dann liefe das langfristig schon auf eine Talibanisierung raus. Und daher: zero tolerance. Früher nannte man das: Wehret den Anfängen. Also von “unmittelbar” ist tatsächlich nicht die Rede. Und/aber “gleichermaßen zurückschlagen” meint weniger enen offenen Krieg )den ich aus rein taktischen Gründen für idiotisch halte) als vielmehr einen symmetrischen zum Terror: ein schmutziger Geheimdienstkrieg eben. Und der wird es sein müssen…

  6. Ok – da treffen wir uns: Einen schmutzigen Geheimdienstkrieg würde ich auch für sehr viel geeigneter halten, dem Problem zu begegnen, als einen offenen (ebenso schmutzigen) Krieg. Ich frage mich, warum es der CIA zwar in vielen Regionen der Welt gelingt, Putschisten an die Macht zu bringen (Beispiel Chile), es aber zugleich in all den Jahren nicht gelungen ist, einen Schlächter wie Saddam aus seinen Palästen und einen gefährlichen Irren wie Osama aus seinen Höhlen zu jagen. Und zwar mit den üblichen geheimdienstlichen Mitteln – nicht mit einem Krieg, der auch die Zivilbevölkerung trifft. Sind da nur noch Versager am Werk? Oder vielleicht doch andere Interessen?

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